Digitalisierung ist in aller Munde, aber was steckt dahinter? Was bedeutet Digitalisierung für den ländlichen Raum, was bedeutet sie für ältere Menschen und was tut sich speziell in Etteln? Diese Fragen wurden am Freitagabend im Rahmen des ersten ‚Zukunftsforum Etteln‘ zum Thema Digitalisierung behandelt. Organisiert wird die Veranstaltungsreihe vom Verein Etteln-aktiv. Im voll besetzten Bürgerhaus des schönen Altenausdorfs gaben hochkarätige Referenten Antworten auf diese Fragen.
Dr. Michael Henze, Ministerialdirigent im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW stellte dar, wie das Land NRW die Verbesserung der Infrastruktur für die Digitalisierung aber auch die Entwicklung innovativer digitaler Lösungen unterstützt.
Jens-Peter Seick, Projektleiter Lemgo Digital, erläuterte, wie sich eine Mittelstadt wie Lemgo auf den Weg macht, mit Hilfe digitaler Lösungen die Lebensqualität der Bürger zu verbessern und z.B. den öffentlichen Personennahverkehr zu optimieren.
Christiane Boschin-Heinz ist seit diesem Jahr für die Digitalisierung in der Stadt Paderborn aber auch in der Zusammenarbeit mit der Region verantwortlich. Sie stellte die einzelnen Digitalisierungsprojekte in der Modellregion vor. Für die Umsetzung dieser Projekte hat das Land NRW den fünf digitalen Modellregionen in NRW, eine davon ist Paderborn, 91 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre bereitgestellt. Spontan entstand die Idee, auch eine Projektidee in direkter Zusammenarbeit zwischen Paderborn und Etteln zu entwickeln.
Beeindruckend war die Vorstellung von Dr. Julia Künzel, Seniorberaterin bei der Assisted Home Services GmbH aus Darmstadt. So wie wir uns alle an die digitalen Assistenzsysteme im Auto gewöhnt haben (ABS, Bremsassistent, Spurhaltesystem, …) so bietet die Firma AHS digitale Assistenzlösungen für ältere Menschen im eigenen Haushalt. Das System agiert unbemerkt im Hintergrund und nützt Sensoren und künstliche Intelligenz, genauso wie die Systeme im Auto. Es stellt fest, wenn jemand in den eigenen vier Wänden stürzt, nicht vom nächtlichen Toilettengang zurückkehrt oder schaltet automatisch die Herdplatte aus, wenn es zu übermäßiger Rauchentwicklung kommt. Erkennt das System einen Notfall, löst es automatisch eine Anrufkette aus, bei der zunächst der Betroffene selbst und dann Verwandte, Freiwillige bis hin zum Notruf angerufen werden. Der Unterschied zum bekannten Hausnotrufsystem besteht darin, dass ein solcher Notruf nicht vom Betroffenen selbst ausgeführt werden muss, der häufig nicht mehr dazu in der Lage ist. Es ermöglicht älteren Menschen damit, länger eigenständig in ihren eigenen vier Wänden zu leben.
Nach diesen vier Einführungsvorträgen stellte Ergün Emir, Geschäftsführer des Technologie- und Berufsbildungszentrum Paderborn gGmbH (tbz) in einem Interview mit dem Etteln-aktiv-Vorstandsvorsitzenden Elmar Schäfer die Auswirkungen der Digitalisierung für das Handwerk und auch die Ausbildung im ländlichen Raum dar.
Prof. Dr. Günter Wilhelms, an der Theologische Fakultät Paderborn im Bereich der Christliche Sozialethik tätig, erläuterte welche Auswirkungen die Digitalisierung auf das menschliche Miteinander hat.
Borchens Bürgermeister Reiner Allerdissen stellte dar, dass Anfang nächsten Jahres die Nachfragebündelung für den Glasfaserausbau bis ans Haus in Etteln und drei weiteren Borchener Ortsteilen starten soll.
Abschließend stellt Ortsvorsteher Ulrich Ahle die ersten beiden Digitalisierungsprojekte in Etteln vor. Finanziert werden die Projekte über das EU-LEADER Programm (65%) und die Gemeinde Borchen (35%) die in ihrer Ratssitzung am 17.09.2018 einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Angeschafft werden soll ein siebensitziges Elektroauto welches Vereinen und Organisationen, aber auch Privatpersonen im Ort kostenlos zur Verfügung stehen soll. Reserviert wird das Fahrzeug über eine App, die auch einen elektronischen Schlüssel enthält und über die das Fahrzeug vom Nutzer per Smartphone geöffnet werden kann. Die App führt auch automatisch ein elektronisches Fahrtenbuch und der Nutzer kann Bilder von Fahrzeug in ihr ablegen, um z.B. Schäden zu dokumentieren. Die DorfApp wird auch die Kommunikation im Dorf und mit der Gemeinde unterstützen oder das gegenseitige Ausleihen von selten genutzten Maschinen und Gartengeräten ermöglichen. Besonders innovativ ist die ‚BestellBar‘. Mit ihr sollen zukünftig Waren, die nicht zum Sortiment des Dorfladens in Etteln gehören, über einen Bildschirm im Dorfladen beim nächsten größeren Supermarkt bestellt werden können. Diese Waren werden dann entweder direkt nach Hause geliefert, idealerweise von Ettelner Bürgerinnen und Bürgern, die eh an dem Supermarkt vorbeifahren und in der ‚LieferBar‘ der App sehen, dass eine Einkaufstasche für einen Nachbarn zum Mitnehmen bereitsteht.
Die Westfalen Weser Energie fand diese Projektideen so innovativ, dass sie aus 144 Projektbewerbungen im Rahmen des Wettbewerbs ‚Ideen werden Wirklichkeit‘ als Leuchtturmprojekt ausgewählt wurden. Der Förderbetrag in Höhe von 6.000,- Euro, einer der höchsten im gesamten Wettbewerb, wurde am Vorabend der Veranstaltung durch den Geschäftsführer der WWE, Herrn Dr. Stephan Nahrath an die Gemeinschaft der Ettelner Vereine übergeben.
Zum Schluss konnte Ulrich Ahle noch die Lösung des ‚schwierigsten Radiorätsels der Welt‘ verkünden: Alle vorgestellten Digitalisierungsprojekte aus Paderborn, Lemgo, Darmstadt und auch die DorfApp, die ihren Ursprung in Kaiserslautern hat, sind in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut in der jeweiligen Stadt entstanden